CH-Bundesgericht: Preisspezifizierung nach Preisbekanntgabeverordnung gilt auch in der Online-Werbung


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Am 10. März 2010 hat sich das Schweizer Bundesgericht mit der Zulässigkeit von Preisvergleichen in der Werbung auseinandergesetzt. Darin wurde ein Inserat eines Kraftfahrzeughändlers als irreführend erachtet, in welchem die eigenen Preise mit Listenpreisen der Generalimporteure verglichen werden, obwohl in den eigenen Preisen im Gegensatz zu den Listenpreisen keine Gratisserviceleistungen enthalten sind. Zudem hält das Bundesgericht fest, dass aus einem Inserat, in dem Preise angegeben werden, deutlich hervorgehen muss, auf welche Waren und Dienstleistungen sich die Preise beziehen. In der Folge wird ausdrücklich klargestellt, dass diese Anforderungen nicht durch einen Verweis auf die Website erfüllt werden können, da es sich bei Zeitungsinseraten und Websites um unterschiedliche Werbemedien handle und die Angebote in jedem Werbemittel, in dem Preise angegeben werden, spezifiziert werden müssen.

Der Rechtsstreit drehte sich um zwei Inserate eines Zürcher Kraftfahrzeughändlers. Im ersten Inserat wurde für je zwei Fahrzeugmodelle der Marken Audi und Mercedes geworben. Das Inserat wird im Entscheid des Bundesgerichts folgendermassen dargestellt:

«…

Audi A4 1.9 T-Diesel Neu 13% Rabatt 37’500.–

Audi A4 2.0 New Model Neu 17% Rabatt 34’800.–

Mercedes C 200 K. Classic Neu 27% Rabatt 39’800.–

Mercedes E 220 T-Diesel 05 24’000 46’500.–

…»

Das Statthalteramt des Bezirks Zürich sah darin einen Verstoss gegen die Preisbekanntgabeverordnung (PBV) und bestrafte den Händler aufgrund von weiteren unzulässigen Preisangaben mit einer Busse. Nachdem das Bezirksgericht den Händler freigesprochen hatte, erhob die Bundesanwaltschaft Berufung und erwirkte vor dem Obergericht (zumindest teilweise) einen Schuldspruch. In seinem Entscheid vom 10. März 2010 (6B_942/2009) bestätigt das Bundesgericht dieses Urteil.

Darin wird zunächst festgehalten, dass es sich bei den Preisangaben im Inserat des Händlers um einen sog. Konkurrenzvergleich im Sinne von Art. 16 Abs. 1 lit. c PBV handle. Bei Preisvergleichen seien die jeweiligen Vergleichsgrundlagen offen zu legen, weil das Publikum nur so die Tragweite des Vergleichs richtig einschätzen könne. Zwar handle es sich bei den Listenpreisen der Generalimporteure, auf die im Inserat Bezug genommen wird, um die «tatsächlich gehandhabten Preise», wie es Art. 16 Abs. 1 lit. c PBV verlange, und die beworbenen Fahrzeuge seien auch im Angebot der Generalimporteure. Da die Angebote des Händlers jedoch im Gegensatz zu jenen der Generalimporteure keine Gratisserviceleistungen enthielten, werden nach Ansicht des Bundesgerichts «nicht vergleichbare Angebote» verglichen. Der Einwand des Händlers, er habe nicht vorsätzlich gehandelt, lehnte das Bundesgericht ab, sodass der der Schuldspruch des Obergerichts für den Verstoss gegen Art. 16 Abs. 1 lit. c PBV letztlich bestätigt wurde.

Das zweite Inserat wird im Urteil des Bundesgerichts folgendermassen wiedergegeben:

«Die günstigsten Alfa der Schweiz! Immer Neuwagen und Occasionen an Lager!! bis 34% unter NP!!!

www.A.________ AG.ch»

Anders als das Obergericht war der Händler der Auffassung, dass sein Inserat aufgrund des Verweises auf seine Website den Anforderungen der Preisbekanntgabeverordnung genügt. Hierzu hält das Bundesgericht einleitend fest, dass die Spezifizierungspflicht nach Art. 14 Abs. 1 PBV verlange, dass aus Preisbekanntgaben deutlich hervorgeht, auf welche Ware und Verkaufseinheit sich der Preis bezieht. Ferner wird betont, dass bereits in einem früheren Urteil (BGE 113 IV 36 ) entschieden wurde, dass ein Hinweis in einem Inserat auf den Katalog des Anbieters der Spezifizierungspflicht nicht genüge, da beides selbständige Werbemittel seien und daher die Angebote in jedem Werbemittel spezifiziert werden müssen, in welchem Preise angegeben werden. Weil ein Zeitungsinserat nach Ansicht des Bundesgerichts den Leser zur Kontaktaufnahme mit dem Anbieter anregen kann und soll, müssen die Preise deshalb schon in diesem frühen Stadium verglichen werden können. Bei Zeitungsinseraten und dem Internet handle es sich gleichermassen um zwei unterschiedliche Werbemedien, sodass hier nichts anderes gelten könne. Auch in der heutigen Zeit verfüge nicht jedermann über einen Internetzugang und kann so die beworbenen Fahrzeuge bei einer mangelnden Spezifizierung im Inserat nicht ohne Weiteres vergleichen.

Mit diesem Urteil des Bundesgerichts wurde nun höchstrichterlich entschieden, dass trotz der erhöhten Transparenz und der besseren Vergleichbarkeit, die das Internet mit sich bringt, in jeder Werbung, in welcher Preise angegeben werden, klar hervorgehen muss, auf welche Waren oder Dienstleistungen sich die Preise beziehen. Daran wird auch die geplante Revision der Preisbekanntgabeverordnung (vgl. BR-News vom 27.5.2010) nichts ändern.

Einzelheiten über die in der Schweiz und insbesondere auch im grenzüberschreitenden Handel geltenden Preisbekanntgabevorschriften können sie unserem Leitfaden zur Preiswerbung entnehmen. Zahlreiche weitere Informationen rund um die rechtlichen Anforderungen an die Preisbekanntgabe finden sie ferner auf unserer Website unter den Rubriken Wettbewerb & Werbung.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Lukas Bühlmann


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