Quellenschutz für Blog-Kommentare: Keine Herausgabe von IP-Adressen bei Mindestinformationsgehalt


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Medienhäuser können die Herausgabe von IP-Adressen des Verfassers eines Blog-Kommentars unter Berufung auf den Quellenschutz (Art. 28 StGB) verweigern. Diesen Grundsatzentscheid zur Medienfreiheit hat das Bundesgericht in einer öffentlichen Urteilsberatung vom 10. November 2010 gefällt. Voraussetzung für den Schutz der Identität des Verfassers ist jedoch gemäss dem höchsten Schweizer Gericht, dass der Blog-Beitrag ein Minimum an Information beinhaltet.

Nach dem wegweisenden Entscheid des Bundesgerichts über die Frage, ob die IP-Adressen von «File-Sharern» Personendaten sind (vgl. BR-News vom 8.9.2010), haben die Bundesrichter gestern – gemäss einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung – in einer öffentlichen Urteilsberatung (Verfahren 1B-44/2010) einen weiteren Grundsatzentscheid mit Bezug auf die Schutzwürdigkeit von IP-Adressen gefällt. In diesem Fall handelte es sich um einen Blog-Kommentar, der unter falschem Namen auf der Website des Schweizer Fernsehens verfasst wurde. Aufgrund des (möglicherweise) ehrverletzenden Inhalts wurde bei der Zuger Staatsanwaltschaft eine Anzeige eingereicht. In der Folge verlangte die Staatsanwaltschaft vom Schweizer Fernsehen die Herausgabe der IP-Adresse des Beschuldigten.

Mit dem gestrigen Urteil stützte das Bundesgericht die Argumentation des Schweizer Fernsehens, das sich auf den Quellenschutz in Art. 28a des Schweizerischen Strafgesetzbuches, d.h. auf ihr Recht, gegenüber Strafverfolgungsbehörden die Bekanntgabe der Identität eines «Informanten» zu verweigern, berief. Der Quellenschutz gilt jedoch gemäss dem Bundesgericht nur, sofern der Kommentar ein Mindestmass an Information enthält. Im vorliegenden Fall erachtete die Mehrheit der Bundesrichter diese Voraussetzung als erfüllt, da im Allgemeinen keine hohen Anforderungen an den Informationsgehalt gestellt werden dürften.

Im Ergebnis ist der Entscheid wohl richtig. Die Bedeutung der Meinungsäusserungs- und der Pressefreiheit kann wohl kaum überbetont werden. Jedoch ist fraglich, ob es sachgerecht ist, dass eine anonym veröffentlichte ehrverletzende Äusserung im Grundsatz geschützt wird. Beruft sich ein Medienunternehmen auf den Quellenschutz muss jedoch die Redaktion des Medienunternehmens für die Nichtverhinderung einer strafbaren Veröffentlichung gerade stehen (Art. 28 Abs. 2 und Art. 322bis StGB). Man darf gespannt sein auf die schriftliche Urteilsbegründung.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Lukas Bühlmann


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